
Ich habe das Wandern schon immer geliebt, aber diese Tour war wirklich etwas ganz Besonderes.
Vor ein paar Tagen habe ich mich auf den St. Andrew’s Trail im Borjomi-Kharagauli-Nationalpark begeben – eine 55 km lange Route durch eine der wildesten und schönsten Gegenden Georgiens. Sie war intensiv, friedlich, landschaftlich beeindruckend und genau das, was ich brauchte, um vom Alltag abzuschalten und mich mit der Natur zu verbinden.
Diese Wanderung ist nichts für schwache Nerven. Sie ist nicht umsonst als „schwierig“ eingestuft – mit über 3.300 Metern Aufstieg und fast 2.900 Metern Abstieg. Das Gelände wechselt ständig: dichter Wald, offene Höhenzüge und alpine Wiesen mit Ausblicken, die einem den Atem rauben. Man braucht Ausdauer, aber jeder Schritt wird belohnt.
Was diese Wanderung besonders macht – neben den atemberaubenden Ausblicken auf den Kleinen Kaukasus – ist das Gefühl von Einsamkeit. Wir haben unterwegs keinen einzigen anderen Wanderer getroffen. Nur ein paar Hirten und endlose Landschaften, so weit das Auge reicht. Es fühlte sich an, als hätten wir den ganzen Nationalpark für uns allein. Kein Handysignal, keine Ablenkung – nur das Knirschen der Schuhe und das Rauschen des Windes in den Bäumen.
Auch die Infrastruktur entlang der Strecke ist ein echtes Highlight. Wir übernachteten drei Nächte lang in neu gebauten Wanderhütten – sauber, warm und überraschend komfortabel für solch abgelegene Orte. Es gibt kein fließendes Wasser, aber dank Solarenergie kann man sein Gerät aufladen und die Hütte nachts beleuchten. Jede Hütte liegt an einem spektakulären Ort – ehrlich gesagt kann ich mir keinen besseren Platz zum Einschlafen vorstellen als unter dem Sternenhimmel auf 2.500 Metern Höhe, in völliger Stille.
Einer der unvergesslichsten Momente war die Nacht im Sametskhvario-Unterstand. Auf 2.500 Metern Höhe war die Aussicht grenzenlos. Der Himmel färbte sich in tiefes Orange, als die Sonne unterging, und später zeigten sich Sterne, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Wir hatten den Unterstand ganz für uns allein – und sprachen kaum ein Wort. Wir waren einfach nur überwältigt.
Es ist selten, einen Wanderweg zu finden, der so landschaftlich schön und zugleich so still ist. Wahrscheinlich schreckt der Schwierigkeitsgrad viele Gelegenheitswanderer ab. Aber wenn du echtes Abenteuer suchst, frische Bergluft liebst und eine körperliche Herausforderung nicht scheust, ist der St. Andrew’s Trail ein Traum. Es ist ein reines Naturerlebnis – ohne Menschenmassen, ohne Lärm, nur du und die Wildnis.
Diese Wanderung hat mir einmal mehr gezeigt, wie glücklich wir uns in Georgien schätzen können, solche Orte wie den Borjomi-Kharagauli-Nationalpark zu haben. Er ist eines der größten Schutzgebiete des Landes – und das spürt man. Diese unberührte Natur wird in der heutigen Welt immer seltener.
Würde ich diesen Weg empfehlen? Ganz klar – aber nur, wenn du bereit dafür bist. Du brauchst gute Wanderschuhe, Kleidung im Zwiebellook, genug Proviant und eine ordentliche Grundfitness. Doch was du dafür bekommst, ist selten: völlige Ruhe, wilde Schönheit und eine Stille, die lange nachklingt, wenn du längst wieder zu Hause bist.