Schinwali-Stausee: Blaues Juwel Georgiens am Aragwi

Die Haarnadelkurven der Georgischen Heerstraße ließen das Herz schon schneller schlagen, als sich plötzlich der Wald öffnete und ein türkisfarbener Spiegel das Tal füllte – der Schinwali-Stausee. Nur 70 km nördlich von Tiflis breitet sich dieser 11,5 km² große künstliche See zwischen den bewaldeten Kämmen von Kartli, Alevi und Gudamakari aus. Der 1985 fertiggestellte Damm zähmte zwei Aragwi-Quellflüsse, liefert 130 MW Strom und versorgt die Hauptstadt mit Trinkwasser. Doch am Aussichtspunkt denkt man eher an Gemälde als an Gigawatt.

Am Ufer erhebt sich die Steinsilhouette von Ananuri: eine Festungs-Kirchen-Anlage aus dem 17. Jahrhundert, deren Kegeldächer sich perfekt im Glaswasser spiegeln. Einheimische streiten, ob der Anblick im Morgendunst oder im pfirsichfarbenen Alpenglühen des Abends schöner ist.

Der See birgt ein Geheimnis. Vor dem Damm stand hier eine Heilig-Kreuz-Kirche aus dem 12. Jh. Heute verbringt ihre Ruine ein halbes Jahr unter Wasser, ein halbes Jahr im Licht – ein Zeitraffer, der zeigt, dass selbst Berge atmen.

Abenteuer liegen direkt vor der Tür. Flussabwärts stellen das Aragvi Adventure Center und der Jomardi-Club Rafts und Kajaks bereit; Kommandos hallen, während Schmelzwasser die Boote peitscht. Am Ufer schlängelt sich ein Seilpark durch Erlen, und eine Zipline schießt über eine Bucht, die Füße streifen den Fahrtwind. Später mischt sich Lagerfeuerrauch in die Nacht, und das entfernte Surren des Damms wiegt in den Schlaf.

Ob Sie Legenden in Ananuri suchen, nach versunkener Geschichte tauchen oder einfach Wolkenmuster auf kobaltblauem Wasser beobachten – der Schinwali-Stausee beweist, dass man Georgiens wilde Seele bändigen und dennoch lebendig lassen kann.